Wir bringen Menschen zusammen, begleiten Prozesse, lernen gemeinsam, vernetzen und schaffen Neues.
Portrait
RegioFood Hub
Wie ist eine nachhaltige Veränderung von Ernährungskreisläufen, -kulturen und -systemen wirklich möglich? Diese Frage geht der RegioFood Hub auf den Grund - und war nicht nur theoretisch sondern im konkreten Miteinander mit allen Akteur:innen des Ernährungssystems.
Der RegioFood Hub wurde 2024/2025 im Miteinander vieler Akteur:innen und in einem iterativen Prozess entwickelt. Er befindet sich bis Ende 2025 in einer Pilotphase - mit dem Ziel einer langfristigen Finanzierung und Wirkung.
Doch was treibt uns an? Was macht den RegioFood Hub aus? In fünf Abschnitten zeigen wir, wofür wir stehen, wie wir als Field Catalysts wirken, was systemische Innovation für uns bedeutet, worauf wir bauen, woher wir kommen – und wer die Menschen und Organisationen dahinter sind.
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Der FoodHub versteht sich als Katalysator des Wandels, der Bestehendes verbindet, Fehlendes entwickelt und Zukünftiges exploriert. Der FoodHub agiert als zentraler Akteur, der systemischen Wandel ermöglicht und gestaltet. Er
lernt im und mit dem Ernährungssystem durch aktives Beobachten, Zuhören und Interagieren, um Herausforderungen und Potenziale zu erkennen.
verbindet Menschen, Ideen und Organisationen, um Synergien zu schaffen und Zusammenarbeit zu fördern.
ermöglicht Räume für gemeinsames Entwickeln, Experimentieren und Ko-Kreation.
entwickelt mit Partnern Lösungshypothesen, Prototypen und Pilotprojekte, die als Bausteine für eine nachhaltige Transformation dienen.
teilt Erfahrungs- und Prozesswissen, um kollektives Lernen zu fördern und Erfolge zu multiplizieren.
setzt wirkungsorientierte Schwerpunktthemen, die den systemischen Wandel vorantreiben und einen langfristigen Einfluss haben.
Dabei werden konkrete Veränderungen auf der regionalen Ebene pilotiert, weiterentwickelt und etabliert. Durch das proaktive Teilen von (Miss-)Erfolgen mit Akteur:innen und Organisationen innerhalb und ausserhalb der Region Bern sollen weitere RegioFood Hubs in anderen Regionen entstehen. -
Die Stanford Social Innovation Review (SSIR), ein preisgekröntes Magazin für sektorübergreifende Lösungen globaler Herausforderungen, hat einen Artikel dem Field Catalyst gewidmet. Die SSIR (1) beschreibt den Field Catalyst anhand von vier Eigenschaften:
Fokus auf systemische Veränderung: Ziel ist es, einen Wandel auf breiter gesellschaftlicher Ebene zu erreichen, statt lediglich eine Organisation oder Intervention zu skalieren.
Beeinflussung des Handelns anderer: Field Catalysts agieren nicht direkt, sondern lenken und unterstützen die Aktivitäten anderer Akteure.
Konzentration auf Ergebnisse: Der Fokus liegt auf Umsetzung und Zielerreichung – nicht auf dem Aufbau eines breiten Konsenses.
Erfolg statt Bestand: Sie sind darauf ausgerichtet, Wirkung zu erzielen, ohne zwangsläufig auf langfristigen Fortbestand abzuzielen.
Das amerikanische Beratungsunternehmen Bridgespan Group hat gemeinsam mit Impact-Unternehmen und Stiftungen das Wesen, die Wirkung und die Rolle von Field Catalysts untersucht. In einem Bericht (2) beschreiben sie diese Rolle wie folgt:
Ein Field Catalyst ist eine Organisation oder Bewegung, die entscheidend dazu beiträgt, gerechte Systemveränderungen zu fördern. Sie agieren als „Hebammen des sozialen Wandels“ und koordinieren sowie mobilisieren eine Vielzahl von Akteur:innen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.
Dabei weisen sie zentrale Merkmale auf:
Fokus auf das System statt auf die eigene Organisation
Im Gegensatz zu klassischen Netzwerk- oder Dienstleistungsorganisationen zielt ein Field Catalyst nicht auf das eigene Wachstum, sondern auf die Stärkung der Beziehungen und Kooperationen im Feld.
Beispiel von Kasthuri Soni (CEO von Harambee Youth Employment Accelerator):
„Wir fragen uns nicht: ‚Was muss Harambee tun?‘, sondern: ‚Was braucht das System, wer ist am besten dafür geeignet – und was ist unsere Rolle darin?‘“Erfolgsmessung jenseits traditioneller (linearer) Metriken
Field Catalysts bewerten ihre Wirkung nicht nach der Anzahl betreuter Menschen, sondern anhand von Veränderungen in politischen Rahmenbedingungen, der Stärkung von Beziehungen und Netzwerken sowie dem Wandel von Narrativen und Denkweisen.
Zwei Analogien veranschaulichen die Wirkung des Field Catalyst besonders gut:
Mykorrhiza-Pilze im Wald: Wie unterirdisch wirkende Pilze, die Pflanzenwurzeln verbinden und Symbiosen ermöglichen, vernetzen Field Catalysts Akteure im System und fördern gemeinsames Wachstum.
Katalysator in der Chemie: Field Catalysts senken die „Aktivierungsenergie“ für Wandel – und beschleunigen systemische Veränderungen.
Die Forschung der Bridgespan Group zeigt: Field Catalysts sind oft schwer greifbar – und doch entscheidend für die Entstehung gerechter und nachhaltiger Systeme. Sie arbeiten überwiegend im „Untergrund“ – durch Verbindungen, Ermöglichung und Unterstützung. Diese oft unsichtbare Arbeit bildet die Grundlage für echten Wandel.
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Quellenangabe
(1) Hussein, Taz; Plummer, Matt; Breen, Bill (2018):How Field Catalysts Galvanize Social Change [online] https://ssir.org/articles/entry/field_catalysts [06.12.2024]
(2) McHugh Farnham, Lija; et al. (2023): Equitable Systems Change: Funding Field Catalysts from Origins to Revolutionizing the World [online]
https://www.bridgespan.org/insights/funding-field-catalysts#sidebar-1 [06.12.2024] -
Das Ernährungssystem ist mehr als die Summe seiner Teile. Es umfasst alles, was mit der Produktion, Verarbeitung, Verteilung, dem Konsum und der Entsorgung von Lebensmitteln zu tun hat – und verbindet dabei Landwirtschaft, Handel, Gastronomie, Politik, Konsument:innen, Wissen, Infrastruktur und Kultur.
Viele Herausforderungen im Ernährungssystem sind systemisch: Sie entstehen nicht an einem einzelnen Ort, sondern im Zusammenspiel vieler Faktoren – und sie lassen sich nur lösen, wenn wir dieses Zusammenspiel neu gestalten.
Systemische Innovation setzt genau hier an: Sie fragt nach den Ursachen von Ungleichgewichten, sucht nach wirksamen Hebeln für Veränderung und schafft Raum für neue Formen der Zusammenarbeit – jenseits von Sektor- oder Disziplingrenzen.
Im Zentrum des RegioFood Hub stehen deshalb nicht einzelne Produkte oder Projekte, sondern der Aufbau von Verbindungen, Vertrauen und gemeinsamen Lösungen: zwischen Landwirt:innen, Food-Startups, Gastronom:innen, Behörden, Konsument:innen und vielen mehr.
Gemeinsam gestalten nicht nur Märkte oder Produkte – sondern das System, das dahintersteht.
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Systemische Innovation bauen wir im RegioFood Hub auf fünf Säulen auf:
Zukunftsbild und -kultur
Ein neues, geteiltes Bild davon, wie ein Ernährungssystem funktionieren kann, das Lust auf Zukunft macht. Es inspiriert zum Umdenken – und hilft, neues Verhalten zu entwickeln, das diese Zukunft möglich macht.Denk- und Aktionsmuster
Systemischer Wandel entsteht, wenn wir Bestehendes vernetzen, Fehlendes entwickeln und Zukünftiges erkunden. Dafür braucht es neue Formen des Denkens – und konkretes gemeinsames Handeln.Die Rolle des Field Catalyst
Oft unsichtbar, aber hoch wirksam: Field Catalysts vernetzen das System, fördern gemeinsames Lernen und beschleunigen systemische Veränderung. Sie halten Räume offen und bringen Akteur:innen zusammen.Knotenpunkte der Transformation
Transformation braucht Orte mit gebündelter Wirkung: geteilte Infrastrukturen, Schwerpunkt-Themen oder physische Treffpunkte im Ökosystem. Dort verdichten sich Austausch, Innovation und Kooperation.Cokreative Prozesse
Systemisches Lernen geschieht im Tun. Wir gestalten Projekte in cokreativen und iterativen Prozessen gemeinsam mit Akteur:innen – und übergeben Verantwortung frühzeitig, um echtes Ownership und langfristige Wirkung zu ermöglichen.
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Der RegioFood Hub hat seine Wurzeln im partizipativen Forschungsprozess der Genossenschaft Urbane Dörfer und der Berner Fachhochschule (BFH), insbesondere der HAFL (Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften) und der AHB (Architektur, Holz und Bau). Im Rahmen des Urban Future Lab / Reallabor Webergut Zollikofen wird erforscht, wie nachhaltiges Wohnen und zukunftsfähige Ernährung in einem urbanen Raum zusammen gedacht und gestaltet werden können.
Mit Menschen unterschiedlicher sozio-demografischer Hintergründe wurde partizipativ erprobt, was es für ein gutes Leben innerhalb eines ökologischen Konsumkorridors braucht. Früh wurde klar: Geteilte Kücheninfrastruktur und regionale Versorgungsnetzwerke sind zentrale Hebel für ein zukunftsfähiges Ernährungssystem.
Im Jahr 2024 erarbeitete ein dreiköpfiges Kernteam – Lukas Aeschlimann, Magdalena Preimesberger und Matthias Tobler – mit Unterstützung von Prof. Dr. Matthias Meier und Prof. Dr. Evelyn Markoni (beide BFH-HAFL) eine Machbarkeitsanalyse zur Realisierung einer Shared Kitchen im Webergut. Dabei wurde deutlich: Es braucht nicht nur geteilte Infrastruktur, sondern eine systemische Veränderung – und eine treibende Kraft, die diese voranbringt. Das war die Geburtsstunde des RegioFood Hub.
Der Weg dahin war nutzerzentriert, iterativ und systemisch: Über 160 Stakeholder des Ernährungssystems wurden erfasst, mehr als 40 qualitative Interviews geführt und europaweit Best-Practice-Modelle analysiert und besucht. Das Ergebnis: ein 69-seitiger Abschlussbericht, der nicht nur die Shared Kitchen, sondern ein umfassendes Umsetzungskonzept für den RegioFood Hub entwirft.
Entscheidend vorangebracht wurde das Projekt durch die Standortförderung des Kantons Bern, namentlich Dr. Sebastian Fries und Virve Resta, die sowohl die Machbarkeitsanalyse als auch die aktuelle Pilot- und Initiierungsphase ermöglicht haben.
Weitere Schlüsselpartner in der Machbarkeits- und Pilotphase sind die BFH-HAFL, die Genossenschaft Urbane Dörfer sowie Hugentobler Kochsysteme.
Treibende Kräfte hinter dem RegioFood Hub sind Lukas Aeschlimann und Matthias Tobler, die als Field Catalysts wirken: Sie ermöglichen systemische Innovation, stärken Verbindungen im Ernährungssystem und schaffen Räume für gemeinsames Handeln.